Chronik

Die ersten Jahre

Entwicklungen und Ereignisse in der Geschichte des
Mandolinenorchesters 1921 Kuchenheim e.V.

Ein kleiner Streifzug durch 90 Jahre Vereinsgeschichte

Am 31. Januar 1921 wurde in der Gastwirtschaft Jean Metternich in Kuchenheim der Mandolinenclub „Alpengrün Cuchenheim“ gegründet. Anwesend war laut damaligem Protokollbuch die stattliche Zahl von 17 Gründungsmitgliedern.

Der Mandolinenclub von damals war nicht das Orchester, wie wir es heute kennen, sondern mehr ein Wanderverein, dessen Mitglieder singend und Mandoline oder Gitarre spielend durch die nähere und weitere Umgebung zogen, und zwar in einer typischen Tiroler Kluft, wie man das bei Naturburschen mit dem Vereinsnamen „Alpengrün“ erwarten konnte. Noten beherrschten nur wenige der Spieler, man spielte eher nach dem Gefühl.

Als der „Club“ immer häufiger zu Auftritten verpflichtet wurde, beschlossen 1926 Vorstand und ein Teil der Mitglieder, sich mehr der konzertanten Musik zu widmen und den Verein in „Mandolinenorchester 1921 Cuchenheim“ umzubenennen. Die Spieler lernten Noten und Spieldisziplin beim Zusammenspiel der einzelnen Stimmen. In den „Volkskundlichen Beiträgen Cuchenheim 1084-1984“ ist dazu vermerkt: „Viele Mitglieder gingen bei dieser Umstellung verloren, weil ihnen das Spiel nach Noten zu schwierig erschien“. Für das Orchester hatte diese Entwicklung jedoch auch ein positives Ergebnis: Man konnte am 10. Oktober 1926 zum ersten großen Konzert in der Vereinsgeschichte einladen. Der überwältigende Erfolg dieses Konzerts war sicherlich für die Zukunft des Orchesters von entscheidender Bedeutung. Im Dorfleben von Kuchenheim spielte der Verein fortan eine wichtige Rolle, waren doch die Frühjahrs- und Herbstkonzerte gut besucht und auch die Theaterstücke, die von den „Mimen“ des Orchesters aufgeführt wurden, erfreuten sich großer Beliebtheit.

Die Vorsitzenden in diesen Jahren des Aufbaus waren: Peter Honert, Albert Münks, Franz Gerhards und Paul Esch, die Dirigenten: Franz Honert und Wilhelm Willms.

Die „dunklen“ Jahre

Die Veränderungen in Staat und Gesellschaft nach der „Machtergreifung“ hatten auch für das „Mandolinenorchester Cuchenheim“ erhebliche Auswirkungen. Man stand unter „brauner Be­obachtung“ und musste die Vorgaben und Ideen des „deutschen Volksguts“ beachten. Im Protokollbuch des Jahres 1936 ist unter dem 8. November vermerkt, dass das Orchester auf Befehl der NSDAP auf einer Trauerfeier für die Gefallenen des 9. November 1923 (Marsch zur Feldherrnhalle - Anm. des Verfassers) den Badenweiler Marsch und den Pilgerchor aus „Tannhäuser“ von Richard Wagner spielen sollte. Trotz dieser bedrückenden Zeit feierte der Verein am 20. und 21. Juni 1936 sein 15. Stiftungsfest mit einem großen Festkommers am Samstagabend und am Sonntag mit einem feierlichen Hochamt, dem Empfang auswärtiger Brudervereine (wie es die Festschrift ausdrückt), einem Festzug durch das Dorf und daran anschließend ein „Großes Rhein. Mandolinen-Werbe-Konzert“. Die Liste der Gastvereine laut Festschrift ist beeindruckend: Mandolinen-Club-Naturfreunde, Eilendorf b. Aachen, Mando­linen-Club 1931, Frechen b. Köln, Mandolinen-Orchester Köln-Mülheim, Lintforter Man­dolinen-Verein, Kamp-Lintfort, Krs. Moers, Erste Mandolinen-Konzertgesellschaft M-Glad­bach-Rheydt, Mandolinen-Club Pingsdorf b. Köln und Mandolinen-Club Roisdorf, Krs. Bonn. Es spricht einiges für die Annahme, dass diese enge Zusammenarbeit der Vereine auch eine Folge der äußeren Umstände gewesen sein könnte.

Mit dem Kriegsausbruch 1939 kam das gesamte Vereinsleben praktisch zum Erliegen. Sechs Vereinsmitglieder kehrten nicht mehr aus dem Krieg zurück, viele Instrumente und Noten wurden durch Kriegseinwirkungen vernichtet. Vorsitzender in diesen schweren Zeiten war Johann Pütz. Der Dirigent Wilhelm Willms starb am 17. Sept. 1940. Im Protokollbuch sind ab 1946 eine Reihe von Berichten, Notizen und Vermerken über gefallene oder in Kriegsgefangenschaft verstorbene Vereinsmitglieder enthalten.

Die Zeit nach dem Krieg

Nur unter großen Schwierigkeiten fand das Orchester nach dem 2. Weltkrieg wieder zusammen. In der Gastwirtschaft Mirgeler wählten die Mitglieder am 16. Februar 1946 Johann Münks zum Vorsitzenden - eine sehr gute Wahl, wie sich in der Folgezeit erwies. Willy Willms, der Sohn des verstorbenen letzten Dirigenten, übernahm zunächst das musikalische Erbe seines Vaters. Am 13. Oktober 1946 fand das erste Konzert nach dem Krieg statt. Die Nachfrage nach Karten war so groß, dass das Konzert am 20. Oktober und am 3. November wiederholt werden musste. Am 8. November 1946 hielt der Schriftwart im Protokollbuch dazu fest: „Die Bevölkerung spendete herzlichen Applaus. Der Saal war so dicht gefüllt, dahs es unmöglich war noch irgendwie einen Stehplatz zu erhalten“. Im Mai 1947 erhielt das Orchester mit Rudi Kristen einen neuen Dirigenten, der die Spieler allmählich wieder an ihr früheres Leistungsniveau heranführte. Viele junge Menschen kamen - angetan von den spielerischen Erfolgen - hinzu und bald zählte das Orchester wieder mehr als 30 Mitwirkende.

In den nachfolgenden Jahren gewann das Orchester bei Wettbewerben mehrere Preise und hatte eine Vielzahl von Auftritten zu absolvieren. Das Vereinsleben blühte wie nie zuvor; am 3. Juni 1951 veranstaltete der Verein zum dreißigjährigen Jubiläum sogar einen eigenen Wettbewerb, zu dem man Orchester selbst aus dem weiteren Kölner Raum in Kuchenheim begrüßen konnte. Doch eine Trendwende ließ nicht lange auf sich warten. Als Mitte der 1950er Jahre das Fernsehen seinen Siegeszug begann und man zudem durch die zunehmende Motorisierung bei der Gestaltung seiner Freizeit nicht mehr auf Kuchenheim beschränkt war, nahm das Interesse am Orchester und seinen Darbietungen rapide ab; das Überleben des Vereins stand auf dem Spiel. Nur noch 12 aktive Spieler fand Toni Klinkhammer vor, als er 1956 den Dirigentenstab übernahm. Er und Josef Honert boten Mandolinen- und Gitarrenkurse an, und mit großem Engagement gewannen diese beiden neue Spieler hinzu, so dass mit 24 Spielern das Orchester dann auch wieder spielfähig war.

Vorsitzende in diesen Nachkriegsjahren: Johann Münks, Josef Ludes und erneut Johann Münks, Dirigenten: Willy Willms, Rudi Kristen, Johann Willms und Toni Klinkhammer.


Endlich: Nach 9 Jahren lud das Orchester am 27. März 1965 wieder zu einem Frühjahrskonzert ein. Der Saal der Gaststätte „Kuchenheimer Hof“ war bis auf den letzten Platz besetzt, es mussten sogar noch Stühle beigestellt werden. Das Publikum feierte das Orchester und seine wiedergewonnene Spielfertigkeit frenetisch. Konzerte und Auftritte außerhalb Kuchenheims schlossen sich an. Das Orchester war wieder „da“ und der Verein hatte - dank einer großen Zahl an „Inaktiven“ - zeitweise mehr als zweihundert Mitglieder.

Der Abriss des Vereinslokals „Kuchenheimer Hof“ im März 1968 traf den Verein hart und unerwartet. Plötzlich hatte das Orchester weder einen Probenraum noch einen Konzertsaal. Gott sei Dank fand man in den Räumen der St.-Sebastianus-Schützenbruderschaft ein neues Domizil. Das fünfzigjährige Bestehen des Vereins wurde am 2./3. Juni 1971 mit einem Festkommers am Samstagabend und einem Festgottesdienst am Sonntag - mit anschließendem Festzug zum Schützenplatz - groß gefeiert. Befreundete Orchester, Chöre und Solisten gaben dem Fest einen prachtvollen Rahmen.

Die „Ära Hans Fellbach“

Der langjährige 2. Vorsitzende, Hans Fellbach, der schon seit Jahren die Geschicke des Vereins maßgeblich leitete, übernahm 1972 von Josef Pitten für einige Jahrzehnte das Amt des 1. Vorsitzenden. Die Vereinsarbeit erhielt damit eine langfristige und verlässliche Perspektive. Der Verein war Mitbegründer der Dorfgemeinschaft Kuchenheim, und Hans Fellbach wurde für 12 Jahre auch deren Vorsitzender, so dass viele Aktionen und Projekte von Dorfgemeinschaft und Mandolinen-Orchester gemeinsam durchgeführt werden konnten.


Das 60-jährige Vereinsjubiläum wurde am 9. Mai 1981 in ähnlicher Weise begangen wie seinerzeit das 50-jährige, nur in einem etwas bescheideneren Rahmen. Am 9. November 1981 hatte das Orchester im Stadttheater Euskirchen einen Liveauftritt in der Sendung „12 Uhr Mittags“ von Radio Luxemburg. Es war das erste Mal, dass man vor einer solch großen Zuhörerschaft spielte, und das Lampenfieber war entsprechend. Doch alles klappte bestens und das Orchester gewann durch diese Sendung neue Freunde hinzu.

1984 erreichte Hans Fellbach beim Finanzamt Euskirchen die Anerkennung der Gemeinnützigkeit des Vereins und 1986 erfolgte beim Amtsgericht Euskirchen die Eintragung des Vereins als „Mandolinen-Orchester 1921 Kuchenheim e. V.“ Jetzt konnte man bei Kreditinstituten und Behörden Zuschüsse zur Beschaffung von Instrumenten, Saiten, Noten und zur Förderung der Nachwuchs- und Jugendarbeit beantragen.

1984 war auch für den Ort Kuchenheim ein wichtiges Jahr, denn die erste urkundliche Erwähnung der Siedlung Cvchinheim im Jahre 1084 lag genau 900 Jahre zurück. An der Gestaltung der 900-Jahr-Feier beteiligten sich selbstverständlich auch Verein und Orchester. Das Orchester wirkte beim Festgottesdienst am Sonntagmorgen mit und der Verein nahm mit vielen Vereinsmitgliedern in historischen Kostümen am großen historischen Festzug am Sonntagnachmittag teil. Diese großartige Feier vom 17.bis 20. Mai 1984 ist auch heute noch vielen Kuchenheimern in bester Erinnerung.

Als die Stadt Euskirchen 1987 eine Langspielplatte herausbrachte mit dem Titel: „So klingt’s bei uns“, war auch ein Beitrag des Mandolinen-Orchesters Kuchenheim dabei: „An der Weser“ von G. Pressel.

1988 trat Dirigent Toni Klinkhammer nach fast 33-jähriger Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen zurück und Erich Radermacher übernahm die musikalische Leitung des Orchesters. Behutsam modernisierte er das Repertoire und ließ neben den bisher überwiegend klassischen Werken auch moderne und zeitgenössische Stücke einüben. Diese Modernisierung des Programms hatte zur Folge, dass einige junge Leute sich als Spieler im Verein anmeldeten. Da auch Frauen seit einigen Jahren im Orchester mitwirkten, begann für den Verein wieder eine erfolgreiche Zeit, die im Grunde bis heute andauert. Der Verein hat dem „Duo“ Hans Fellbach und Erich Radermacher vieles zu verdanken. Das 75-jährige Vereinsjubiläum im Jahre 1996, an dessen gelungener Durchführung die beiden maßgeblichen Anteil hatten, wird allen, die es miterleben durften, in dauerhafter Erinnerung bleiben. Wegen seiner angegriffenen Gesundheit musste Erich Radermacher Ende 2002 - nach fast 15-jähriger Dirigententätigkeit - die Leitung des Orchesters abgeben. Zum Abschluss seiner Tätigkeit nahmen Dirigent und Orchester noch eine CD auf mit den beliebtesten Stücken aus dem Repertoire des Orchesters.

In Elke Limbach fand der Vorstand ab 01.01.2003 eine kompetente Nachfolgerin. Sie war die erste Frau als Dirigentin, und nach langer Zeit trug wieder jemand die musikalische Ver­antwortung, der nicht aus den Reihen der Orchestermitglieder hervorgegangen war. Mit ihren zum Teil neuen Ansätzen hatte Elke Limbach einen wesentlichen Anteil an der musikalischen Weiterentwicklung des Orchesters. Auch sie stellte mit dem Orchester eine CD zusammen, auf der einige der schönsten Weihnachtslieder zu hören sind. Aus persönlichen Gründen konnte sie ihre Tätigkeit allerdings nur bis zum 31.03.2006 ausüben.

Glücklicherweise gelang es dem Vorstand, zusammen mit der scheidenden Dirigentin, schon zum 01.04.2006 einen neuen Dirigenten zu verpflichten: Ulrich Bleck aus Euskirchen-Wißkirchen, der bereits seit vielen Jahren mit anderen Zupforchestern erfolgreich zusam­menarbeitet. Durch seine Kontakte war es möglich, dass das Orchester im November 2006 in Frechen-Königsdorf bei einem Konzert gemeinsam mit anderen Zupforchestern mitwirken konnte. Nachdem jedes Orchester etwas aus seinem eigenen Repertoire vorgestellt hatte, fanden sich im Finale fast 60 Mitwirkende zu einem Klangkörper in fast sinfonischer Dimension zusammen, was Zuhörer und Spieler gleichermaßen begeisterte.

Auch Ulrich Bleck, der jetzige Dirigent, verbindet Bewährtes mit modernen Formen und erweitert so behutsam das Klangbild des Orchesters. So hatte er zum Beispiel die Idee, bei einigen Stücken eine junge Mitspielerin, die über eine wunderbare Sopranstimme verfügt, als Gesangssolistin einzubinden. Das Orchester erhält hierdurch phasenweise eine neue und sehr schöne Klangvariante.

Die „Moderne“ des Orchesters

Am 1. Januar 1992 beschloss der Vorstand, den Verein als Mitglied im Bund Deutscher Zupfmusiker e. V. aufnehmen zu lassen, eine Entscheidung, mit der sich für Orchester und Verein in der Zukunft eine Reihe von Vorteilen verband. Das Orchester lädt seit vielen Jahren jährlich zu einem Konzert ein: In einem Jahr zu einem Frühjahrskonzert in die Kuchenheimer Schützenhalle, und im Jahr danach zu einem weihnachtlichen Konzert in die Kuchenheimer Pfarrkirche.

Neben den spielerischen Aktivitäten hat das Gesellige immer noch den gleich hohen Stellenwert wie in den früheren Jahren: Nikolausabend, Grillfest, Wandertag, Ausflüge ...
In diesem Zusammenhang unbedingt erwähnenswert sind die herrlichen Wanderungen einschließlich Planwagen-Begleitung mit Vera und Sepp Schmidt durch die wunderschöne Eifellandschaft sowie im Anschluss daran die fröhlichen „Ausklänge“ mit Lagerfeuer an der Blockhütte der beiden.

Seit dem Jahr 2005 nutzt der Verein die Errungenschaften moderner Computer-Technik, so dass im Folgenden die weiteren Ereignisse und Aktivitäten chronologisch gespeichert sind. Klicken Sie dazu bitte auf den Button „Archiv“.

Das nächste große Fest im Vereinsleben dürfte wohl das Jubiläum zum 100-jährigen Bestehen im Jahre 2021 sein. Aber das „Neunzigjährige“ ganz übergehen, das wollten weder der Vorstand noch das Orchester. Und so feierte man am 16. Oktober 2011 ein großes Jubiläumskonzert. Neun Jahrzehnte – ein langer Weg mit Höhen und Tiefen, Durststrecken und musikalischen Erfolgen. Vorstand und Dirigent wollten diesen Weg nachzeichnen und hörbar machen – von den Anfängen bis hin zur modernen Gegenwart des Orchesters, von den Wanderliedern und Märschen bis zu den modernen Stücken wie „Conquest of Paradise“, „Reality“, „Music was my first love“ oder „Phantom der Oper“. Seit einigen Jahren liegt die Nachwuchs- und Jugendarbeit in den Händen von Daniela und Daniel Semroch-Loben. Und so präsentierte sich auf dem Jubiläumskonzert auch das Jugend-Zupf-Ensemble unter der Leitung dieser beiden. Dieses JZE könnte auch ein Garant dafür sein, dass das Orchester zum „Hundertsten“ noch spielfähig sein wird. Die Akkordeon-Gruppe des Orchesters, die viele Jahre zu dessen Beliebtheit beigetragen hat, trat noch einmal in Aktion und verzauberte Publikum und Mitglieder mit einigen der alten Ohrwürmer. Selbst „Concertino“ das Publikationsorgan des Bundes Deutscher Zupfmusiker (BDZ) würdigte in einem ausführlichen Bericht diese 90 Jahre Vereinsgeschichte. Alles in allem: Beste Aussichten für die nächsten 10 Jahre.

Fotos: AC, Text: KPL